efc-Sportteil |
23.06.02
Vor langer, langer Zeit gab es keine Männer mehr. Der dahin unbestrittene Sieger der Evolution war durch den "neuen Mann" ersetzt worden, ein sanftes, gefühlsbetontes Wesen, Haushalt und Kindern zugeneigt, sensibel und rücksichtsvoll. Das war in den Achtzigern, heute also knapp zwanzig Jahre her, – hey! – ohnehin im letzten Jahrtausend und heute zu Recht vergessen. Denn glücklicherweise wurde in der höchsten Not der Postfeminismus erfunden, der Anspruchslosigkeit, püppchenhaftes Verhalten und nuttige Optik kurzerhand zur eigentlichen Stärke des weiblichen Geschlechtes umdefinierte. Heute gilt Verona Feldbusch als Inbegriff der wahrhaft emanzipierten Frau. Damit können wir Männer im Prinzip zufrieden sein. Doch ein kleiner Schatten blieb zurück auf unserem kollektiven Selbstbewußtsein, ein dumpfes, unbewußtes mieses Gefühl: Ist das vielleicht alles doch nur ein raffinierter Trick? Wie gut tut der männlichen Seele in dieser Lage doch der Anblick ungefilterter Virilität, täglich mehrere Stunden frei Haus aus KoreaJapan. Das Testosteron! Die entschlossenen Gesichter! Die baumdicken Oberschenkel! Die Post-Tor-Balzrituale! Auf ewig soll das Bild des brüllenden Carsten Jancker, der wohlgeformte Oberkörper so bloß wie der Schädel, in mein Herz eingebrannt sein. Aber auch die zarteren Seiten männlicher Befindlichkeit werden uns hier offenbar – der trotz verstohlener Tränen erhobene Kopf in der Niederlage, die schützende Hand vor dem Gemächt der Mauer. Denn dahin gehört die Hand des Fußballers, liebe US-Amerikaner: an den Sack. Nicht an den Ball, und auf gar keinen Fall ans Herz beim Singen der Nationalhymne.
Es war nichts weniger als historische Gerechtigkeit, daß es den Deutschen vorbehalten blieb, die letzte im Turnier verbliebene Siegermacht des zweiten Weltkriegs aus dem Weg zu räumen. Was soll man auch von einem Land halten, in dem Fußball als Sport für Frauen und Kinder gilt, während die Männer offenbar nichts Besseres zu tun haben, als mit Holzstöcken auf einen kleinen Ball einzudreschen und anschließend im Kreis zu laufen? Die mögliche Schande einer deutschen Fußballniederlage gegen die USA rief selbst in mir ungekannte patriotische Gefühle machtvoll hervor, nachdem mein Hoffen auf eine deutsche Finalteilnahme bis dahin hauptsächlich aus der Erwartung eines regierungsfreundlichen Bundestagswahleffektes gespeist wurde. Ironischerweise beinhaltete ausgerechnet die "Begegnung" Deutschland-USA das Gipfeltreffen der beiden unmännlichsten Fußballer dieser Weltmeisterschaft. Rudi Völler setzte von Beginn an auf Oliver Neuville, den knuddeligsten Spieler aller Zeiten, dessen Leistung gegen Paraguay die Frankfurter Rundschau zu der rührenden Überschrift "Der kleine Mann und das Tor" animierte (17.06.02). Die USA konterten mit der einzig passenden Antwort auf den deutschen Fußball-Ewok: Der putzige Cobi Jones wurde eingewechselt. Unvergessen, wie fröhlich Jones beim Achtelfinale auf den Platz gehüpft kam, nicht ahnend, daß seine primäre Funktion die Zielscheibe für den gesammelten Frust der mexikanischen Mannschaft werden sollte. Wie die FR so allerliebst schrieb: "Er war noch keine 60 Sekunden auf dem Platz, da wälzte er sich schon am Boden, sie traten ihn und zerrten an ihm. So ging das die ganzen quälend langen 15 Minuten, zwei, drei Mexikaner sahen nach Fouls an Cobi Jones die Gelbe Karte, dann setzte ihn Rafael Marquez mit einem eingesprungenen Kopfstoß matt. Mexikos Kapitän sah die Rote Karte, Jones Sternchen" (18.06.02). Man durfte gespannt sein, ob Neuville und Jones, ob ihrer geringen Körpergröße ansonsten allenfalls des Wadenbeißens mächtig, ihre Chance ahnen und nun übereinander herfallen würden. Leider blieb uns der Krieg der Kuschelbären verwehrt; immerhin gab es dafür eine andere Neuheit: die weltweit erste gelbe Karte für lieb Schauen gegen Oliver Neuville.
Beim Rest der WM wird es hoffentlich wieder eher rauh zugehen. Vielleicht kommt es ja tatsächlich zum hormonellen Traumfinale Deutschland-Türkei, bei dem – welchen Ausgang es auch immer haben wird – hierzulande ein kleiner Bürgerkrieg fällig sein dürfte. Gute Zeiten für Männer! Daß die USA trotz ihres Ausscheidens amtierender Fußballweltmeister bleiben, interessiert dagegen überhaupt nicht. Das gilt ja nur für die Frauen.
25.06.02
Im Gästebuch von weltmeisterschaft2002.de findet sich zum Einzug ins Finale ein Eintrag von "Eugene": Der berufliche Sieg! Alles waren für Sie krank! Man muß noch eine Male gewinnen! Die russischen Fans aus Rußland. Genau so ist es. Wenn Oliver Neuville nicht von der gegnerischen Abwehr totgeknuddelt wird, stehen die Chancen ganz gut.
30.06.02
Fuck!