"Das ist ja abscheulich!"
Der Richter war entrüstet. Xorg begriff immer noch nicht ganz, warum, wünschte sich im Moment aber nur, der Richter würde dabei etwas leiser sein. Xorg war sich immer noch nicht ganz sicher, was genau er da eigentlich auf der Party genommen hatte; er wußte nur, daß er anschließend drei Tage lang kein Auge mehr zugemacht hatte. Als er es dann endlich geschafft hatte wegzudösen, hatten ihn keine halbe Stunde später die Bullen wachgerüttelt. "Bullen" war nur ein sehr metaphorischer Ausdruck; die Typen sahen aus wie Tintenfische, die ihre Jugend im Abwasser eines Atomkraftwerks verbracht hatten, und sie hatten sehr schlechte Laune. Und jetzt, eine weitere halbe Stunde später, stand er hier vor diesem brüllenden Kerl.
"Könnte ich eine Kopfschmerztablette haben?"
Der Richter ignorierte Xorgs Frage. "Sie wissen ja wohl, was auf Pornographie mit Sumpfaliens von Proxima Centauri für Strafen stehen?"
Langsam dämmerte Xorg, was hier eigentlich abging. "Pornographie?" Er versuchte mühsam das 4D-Foto zu erkennen, das der Richter ihm hinhielt. Es zeigte einen Sumpfalien von Proxima Centauri, und es zeigte Xorg.
"Pornographie? ... Aber das ist doch nur sein Fuß! Hier versuche ich, ihn zu füttern ... das Tier gehört meiner Tante, ich hatte es in Pflege ..."
"So? Und wo kommt dann das Foto her?"
Xorg verfluchte seinen trockenen Mund.
"Das hat mein kleiner Neffe gemacht ... Ich will ja nicht unhöflich sein, Euer Ehren, aber so eine kleine Kopfschmerztablette wäre wirklich ..."
Der Richter verfärbte sich hellblau. Eigentlich hätte Xorg dieses Warnsignal deuten müssen, aber da ihm seine Farbwahrnehmung nach wie vor ziemlich fiese Streiche spielte, fiel ihm nichts Besonderes auf.
"Ihr kleiner Neffe? Ein minderjähriges Kind womöglich? Wie alt ist der Kleine denn?"
Xorg war nicht in der Geistesverfassung, um die heraufdämmernde Gefahr zu erkennen.
"Hmm ... aus dem Ei geschlüpft ist er vor ... Moment ..."
Sie erwarteten doch nicht ernsthaft von ihm, daß er jetzt kopfrechnete?
Liebe Redaktion: Wir sind seit Jahren treue Leser Ihres Blattes und würden es auch gerne bleiben. Die hier regelmäßig abgedruckten Geschichten um den Außerirdischen "Xorg" werden jedoch für uns mehr und mehr zum Ärgernis. Schon seit längerer Zeit fällt uns auf, daß der Held in jeder einzelnen (!) Folge unter dem Einfluß verschiedener Drogen steht; bei genauerer Hinsicht geht es eigentlich in den Geschichten um gar nichts anderes. Die Effekte der – niemals konkret benannten – Drogen werden dabei in einer "humorvollen" Art und Weise geschildert, die unserer Meinung nach nicht geeignet ist, junge Menschen zu einem verantwortungsvollen Umgang mit suchterzeugenden Substanzen zu erziehen. Wir möchten Sie eindringlich bitten, Ihrer Vorbildfunktion für die Jugend gerecht zu werden und in Zukunft auf den Abdruck dieser Serie zu verzichten. Die literarische Qualität der Geschichten wollen wir dabei gar nicht beurteilen. Wir könnten uns allerdings vorstellen, daß auch andere Leser mit der verwendeten Sprache sowie insbesondere mit dem stets völlig abrupten Ende der Geschichten ihre Schwierigkeiten haben. Mit freundlichen Grüßen.
"Das ist weiß Gott nicht der erste Brief, den wir bekommen, und keineswegs der schlimmste. Ich habe Ihre Sachen wirklich immer gerne gelesen, aber wir können es uns nicht leisten, die Leute so zu vergraulen. Ich fände es schade, wenn wir die Serie ganz absetzen müßten; aber vielleicht könnten wir einfach auf die Leute hören und die Sachen ein bißchen ... naja ... seriöser machen?"
Ich mußte lachen. Natürlich konnte ich seine Bedenken verstehen; auf der anderen Seite gab es aber etwas, das er noch begreifen mußte. Ich stand auf und deutete auf die blaue Rose von Aldebaran.